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Uebersicht Naherholung

Hirse am Fusse des Frienisbergs-

Orts- und Flurnamen Wanderung durch die Gemeinde Wohlen

 

Murzelen, was für ein eigenartiger Name. Wer hat sich nicht schon gefragt, was solche Ortsnamen bedeuten und woher sie kommen? Der Name Murzelen hat sehr wahrscheinlich gallische (keltische) Wurzeln. Schriftliche Erwähnungen sind 1241 Murzenden, 1398 Murzennon und 1531 Murtzelen.
Flur- und Ortsnamen sind oft mit der Landschaft verbunden. Sie beziehen sich auf die Nutzung oder Eigenschaften des Bodens, auf die Vegetation, auf die Namen von Besitzern und können Zeugen von älteren Sprachen oder Dialekten sein, die längst verschwunden sind. Zu den ältesten Namen gehören die Namen von grossen Flüssen wie die Aare. Der Name bezieht sich auf die Bewegung des Flusses: „fliessen, rinnen, eilen, stürzen, tropfen“. Mit der Aare haben wir einen alteuropäischen Flussnamen, der in ähnlicher Form auch in Deutschland, Holland, England, Schottland und Süditalien vorkommt und bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht.
Nicht so alt, aber wahrscheinlich ein gallischer (keltischer) oder galloromanischer Namen ist Wohlen. Gallische Stämme besiedelten ab dem 8. Jh. v. Chr. die heutige Schweiz. Ab 58. v. Chr. kolonisierten die Römer Helvetien und brachten die lateinische Sprache mit, die sich mit dem Gallischen mischte und zum Galloromanischen entwickelte. Ab der 2. Hälfte des 6. Jh. besiedelten Alemannen aus dem süddeutschen Raum die Deutschschweiz. In Wohlen und den angrenzenden Gemeinden gibt es nur indirekte Hinweise bei Flur- und Ortsnamen auf die romanische Bevölkerung. Einer davon ist der Ortsname Wahlendorf, „das Dorf der Walchen“, d.h. der Romanen. Walen-Orte findet man im Frühmittelalter an der Sprach­grenze, wo Romanen und Alemannen längere Zeit nebeneinander wohnten.
Wir beginnen mit unserer Wanderung in Innerberg, dem „Ort im Berg“. Dieser Name ist leicht zu deuten, wie auch Weidhus, Mösli oder Tanneweid. Was aber heisst Allmit oder Juch? Allmit kann auf’s Mittelhochdeutsche „almeinde/almende“ zurückgeführt werden: „was allen gemeinsam ist“. Juch heisst, „soviel Land wie man mit einem Joch Ochsen an einem Tag zu pflügen vermag“.
Von Wahlendorf geht’s steil abwärts durch das Waldstück Im Gritt, an der Lochmatt entlang.
Lochmatt könnte nach B. Christen auf das alemannische Wort loh: „Wald“ zurückgeführt werden und
„von Wald eingeschlossen“ bedeuten; Gritt/Grütt bezieht sich auf riute: „Rodung“ und bezog sich ursprünglich auf das ausgereutete Land neben dem Wald. Weitere Flurnamen, die uns auf dem Weg nach Säriswil begegnen sind: Bächleren: „wo Bäche vorkommen“, und Hirschere: „Stelle, wo Hirse angepflanzt worden ist“.
Säriswil wie auch Möriswil und Illiswil gehören zu den „-wil“-Namen. Sie stehen für den alemanni­schen Siedlungsausbau vom 7. bis zum 9. Jh. Sie enthalten einen althochdeutschen Personennamen und verbinden sich mit dem aus dem Romanischen übernommenen „wilari“, das über „wilere“ zu „wil“ verkürzt wurde. Säriswil bedeutet „Höfe des Serwalts“ (schriftlich belegt 1258 Sereswil), Möriswil: „Höfe des Maurinus“ (1236 Mueriswil, 1275 Moeriswile), Illiswil: „Höfe des Igilis“ (1269 Igliswile).

 
Blick auf den Schorenwald
Wir nehmen am Ende des alten Dorfteils den Weg, der rechts abzweigt über die Grabenmühle. Wir steigen linkerhand durch den Wald auf die Landschaftsterrasse von Möriswil und gehen um den Schoren: „Ort, der die andern überragt“, herum nach Schüpferied.
Blick auf den Schorenwald
 
   
Weitere Flurnamen, denen wir auf dem Weg begegnen, sind Stale: Ort, wo man „gestellt, gehemmt“ wird, also eine stark ansteigende Stelle; Luggli könnte vom Adjektiv lugg: „lose, locker, schlaff, nicht fest“ abgeleitet sein. Bützematt könnte nach B. Christen früher einmal butziningung geheissen haben und ist wie die anderen „-ingen“-Namen auf eine Person bezogen, hier auf „Bucco“ oder „Butzo“.
Vom erhöhten Standort bei der Wolfmatt sehen wir ins Möriswilmoos mit der Siedlung Brambieli, das ein Rodungsname ist: „Brandbüel“. Es verweist auf die frühere Waldrodung durch Verbrennen hin – im Gegensatz zu Im Gritt oder Ried, die einen „ausgereuteten Platz im Wald“ bezeichnen. Heute gibt es ein zweites, gleichlautendes Ried/Riet „mit Schilf/Sumpfgras bewachsener Grund“, das auf das Althochdeutsche (h)riot zurückgeht und zu einer indogermanischen Wurzel kreudh- „schütteln, rütteln“ gehört.
Natürlich treffen Sie im Lauf der Wanderung zahlreiche weitere interessante, geheimnissvolle wohlklingende und auch trockene Namen an. Viele Informationen dazu finden Sie im Text, in der zitierten Literatur oder auch auf der Internetseite der Gemeinde (www.wohlen-be.ch). Viele Namen aber sind nicht klar dokumentiert und lassen ihren Ursprung nur noch erahnen – wir hoffen, mit diesem Blatt Ihre Neugierde und Kreativität geweckt zu haben.
   
Literatur:
Peter Glatthard: Orts- und Flurnamen rund um den Wohlensee. In: 50 Jahre Schutzverband Wohlensee. 2003
Bernhard Christen: Wohlen. Eine toponomastische Untersuchung zur Siedlungsgeschichte. Romanshorn 1986
   
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Projekt Naherholung der <<AGENDA 21 WOHLEN >>, Pia Kläy und Kaspar Herrmann
 
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